ein Regensburger Startup, durch und durch
Die Geschichte von einen Regensburger Startup
und wieso man seinen Standort lieber außerhalb der Stadt wählen sollte
Schon im Studium an der technischen Hochschule in Regensburg haben wir uns mit dem Thema Lasergravieren interessiert. Ein Wahlfach des Regensburger Startup-Centers 5-Euro-Business hat uns letztendlich zu dem Entschluss gebracht, die Firma mit Kollegen auszugründen. Ein paar tolle Ideen hatten wir. Mit personalisierten Handyschalen wollten wir die Welt verändern und hatten von Anfang an schon Stammkunden, die wir bedienten.
Wir waren zu viert:
Anna, die Architektenstudentin. Sie kümmerte sich anfangs mehr um die Buchhaltung.
Basti, der BWLer. DER BWLer, durch und durch. Er hat einen tollen Job gemacht und uns mit Zahlen genervt. Teilweise mit Meetings spät am Samstag Abend. (Wir werden es dir nie verzeihen, solltest du das lesen!)
Kevin, der Grafiker und Herrscher über all das, was wir hier an Bildmaterial, Motiven und Vorlagen haben.
Tom, das bin ich, der Autor der ganzen Texte hier und derjenige, der hauptsächlich an den Maschinen steht und dreckig wird.
Ich erinnere mich noch gerne daran, wie wir uns über die ersten „Großaufträge“ mit fünf Handyschalen auf einmal freuten als hätten wir einen Marathon gewonnen. Das war herrlich. Die Welt lag uns zu Füßen und unser überhebliche, nicht zu dämmende Euphorie lies nicht los und wir kauften unsere erste eigene Maschine. Gebraucht. Ich musste mein Auto verkaufen, damit wir uns das halbwegs leisten konnten. Ein Freund von mir (Michl, fett merci !) schaufelte uns ein paar Quadratmeter Platz im Keller. Wir konnten zum ersten mal eigenständig arbeiten und befassten uns immer mehr mit der Materie. Als Ablage diente ein Bügelbrett und aus zwei Hälften eines Schwerlastregales und Ikeateilen bauten wir unseren ersten Schreibtisch. Ein Weinregal war unser Materiallager. Zu dem Zeitpunkt war Jahreswechsel und dementsprechend froren wir in der ungeheizten gekachelten Räumlichkeit. Also eigentlich wollte ich hier sachlich bleiben aber… „arschkalt war´s teilweise!“
Aber wir konnten zum ersten mal eine Lasergravur in Regensburg anbieten. Wir spürten die Unabhängigkeit und wöchentliche Meetings mit den Gesellschaftern der jungen ReCase GbR sorgten dafür, dass der unermessliche Reichtum zum Greifen nah scheint.
Tatsächlich waren wir unheimlich naiv an die Sache herangetreten und dementsprechend enttäuschend leer sah das Konto jeden Monat aus. Wir mussten uns mit Nebenjobs über Wasser halten und gruben uns immer tiefer in das Geschehen. Die Aufträge wurden mehr. Der Ehrgeiz war enorm.
Der eigentliche Plan war stets in der Stadt Fuß zu fassen, aber aufgrund der unbezahlbar hohen Mieten natürlich absolut keine Option. Wir junges Regensburger Startup. Irgendwo zwischen Existenzminimum und Träumerei.
„Bub, meinst´ net, dass es besser wär´ mit nem gscheiden Job?“, meine Mutter. Ständig. Sie hatte ja recht…
Wir zogen weiter in das Industriegebiet nach Regenstauf, etwa 15 km von meiner Wohnung entfernt und werkelten dort weiter auf 50 Quadratmeter. Anna und Basti sind mittlerweile andere Wege eingeschlagen.
Wir haben unser Regensburger Startup in riesigen Produktionshallen untergebracht. Von Außen sah es so aus, als würden wir plötzlich lastwagenweise die Teile bearbeiten. Dass es sich hierbei lediglich um einen winzigen Büroanteil handelte, wusste ja keiner. Es war schön dort… also hätte man vernünftige Fenster eingebaut. Aber…die Location war günstig und wir konnten 24 h am Tag die Maschine laufen lassen, was wir natürlich nicht getan haben, da uns unsere Nebenjobs so derartig auslaugten, dass alles aus war. Es war ein sehr ungesunder Tagesablauf. 08:00 Uhr aufstehen, 9:00 Uhr Beginn Lasergravur Regenstauf, 16:00 Uhr Beginn Nebenjob, 02:00 Uhr Schlafen. Und das Tag für Tag. Manchmal auf über das Wochenende hinaus und wenn im Nebenjob mal frei war, konnte man ja länger in der Werkstatt verbringen. Das macht natürlich keine Beziehung mit. Freundschaften übrigens auch nur die, die vorher schon lange bestanden. Ein Teufelskreis, der sich immer und immer wiederholte. Wir verloren zeitweise den Glauben daran, dass das alles Sinn macht und überlegten oft aufzuhören.
Eines Tages kam ein Freund zu mir und erzählte mir von einem, der in Etwa das Gleiche machte wie wir, nur etwas größer. Und dieser suchte nach Auslastung für seine Maschinen. „Was ein Idiot“, dachte ich mir. Als hätten wir nicht selbst das Problem, dass unsere Geräte laufen sollten. Ich habe nach ein paar Wochen trotzdem angerufen und erstaunlicherweise sehr schnell festgestellt, dass das ein netter Kerl war. Der Peter. Er hatte versucht mit seiner Firma Wood Drops einen sehr besonderen Zweig im Bereich Holztechnik aufzubauen. Also Schreinerei mit CNC-Fräse und Lasercutter zu kombinieren. Macht nicht jeder.
Er hatte uns schon längst am Schirm, hat er mir vor Kurzem mitgeteilt. Ein feiner Kerl. Wir verstanden uns sofort gut und stellten fest, dass wir sehr gut miteinander können. Also warum gegeneinander, wenn man auch miteinander kann. Gesagt, getan. Etwa einen Monat später zogen Kevin und ich nach Oberhinkofen, ein kleines Nest, wenige Kilometer südlich von Regensburg.
Ich brauche es mir nicht schön zu reden. Wir sind nun am Land. Wenn hier ein fremdes Auto vor der Tür steht, weiß es das halbe Dorf. Das ist auch nicht schlimm. Es sind nette Menschen hier und auch wenn man einander noch nicht kennt, wird man gegrüßt. Ich versuche stets freundlich zu sein, schließlich erzeugen wir sehr regelmäßig viel Lärm. Ich wäre lange nicht so entspannt, wenn eine Schreinerei mitten im Dorf bis spät in die Nacht die Maschinen laufen lies.
Ein riesengroßer Vorteil ist natürlich der enorme Platz, den man hier hat. Der Parkplatz ist nun ein Hof, die Kaffee-Ecke ein eigener Konferenzraum, das Holzregal ist nun ein kompletter Lagerraum und die Laubsäge wurde durch eine High-Tech CNC-Fräse ersetzt.
Eine Lebens- und Arbeitsqualität höher möchte man meinen. Also nicht meinen, es ist wirklich schön hier. Bisschen wie eine große WG.
Wir fahren übrigens stets gegen den Berufsverkehr, was man deutlich spürt. Autofahren wird so nicht zu einer Belastung, sondern zu einer erholsamen Fahrt zur Arbeit und davon weg. Man hat wieder etwas mehr Zeit zum Nachdenken.
Da wir eher in der Lohnfertigung angesiedelt sind, sind wir auch nicht auf Laufkundschaft angewiesen. Wir können in Ruhe von dort aus arbeiten und sollte unbedingt in Betracht gezogen werden bei der Immobilienauswahl. Es muss ja nicht immer das schicke Glasgebäude sein, nur um präsent zu sein. Manchmal reicht schon ein kleines Dorf mit Kirche und Wirtshaus um die Ecke.
Wir haben noch sehr viel vor zusammen und ich bin sehr gespannt, was noch alles kommt. Pläne gibt es genügend. Nur Zeit fehlt noch…